Wenn die Hüfte „schnappt“! - Sprechstunde zum Thema: Hüftgelenkbeschwerden
Leserin T.L. (33 Jahre) aus Dormagen fragt:
„Seit meiner Jugend verspüre ich hin und wieder ein Knacksen in der linken Hüfte; beschreiben würde ich es als ein fühlbares, oft hör- und sichtbares Springen über dem äußeren Hüftknochen. Damals sprach der Hausarzt von einer „schnellenden Hüfte“. Jetzt mache ich seit einem halben Jahr Dauerlauf und verspüre seitdem auch in Ruhe Schmerzen in der Hüfte. Die Hüfte macht ein „Knuck“-Geräusch. Was kann ich tun?“
„Seit meiner Jugend verspüre ich hin und wieder ein Knacksen in der linken Hüfte; beschreiben würde ich es als ein fühlbares, oft hör- und sichtbares Springen über dem äußeren Hüftknochen. Damals sprach der Hausarzt von einer „schnellenden Hüfte“. Jetzt mache ich seit einem halben Jahr Dauerlauf und verspüre seitdem auch in Ruhe Schmerzen in der Hüfte. Die Hüfte macht ein „Knuck“-Geräusch. Was kann ich tun?“
Paul Dann:
Erst einmal zur Erklärung: Die „schnappende Hüfte“ ist kein Hüftgelenkproblem, sondern ein muskuläres bzw. ein Sehnenproblem außerhalb des Gelenkes.
Junge Menschen, besonders junge Frauen beklagen oftmals ein ruckartiges, oft auch schmerzhaftes Springphänomen über dem äußeren Hüftknochen (großer Rollhügel). Man erfährt nicht selten auf Befragen hin, dass sich die Hüfte häufig „ausrenke“. Dieses können die Patienten manchmal demonstrieren. Tatsächlich „schnellt“ ein sehr angespannter, vom Beckenknochen über den Hüftknochen bis zum Kniegelenk verlaufender Sehnen-Faserzug bei jedem Schritt mit einem deutlich spürbaren und vielmals hörbaren Geräuschphänomen über den besagten großen Rollhügel von hinten nach vorne und zurück, welches das typische „Knuck“-Geräusch verursacht. Dieses Symptom ist nur bei belasteter Hüfte auslösbar, also im Stehen und beim Gehen. Bei der Untersuchung liegend findet man nichts Auffälliges. Mit der Zeit oder nach größeren Beanspruchungen, insbesondere beim Sport, können als Folge der ständigen mechanischen Reizung des Gleitgewebes ziehende Schmerzen über dieser Knochenstelle auftreten. Als Ursachen für das Beschwerdebild gelten oftmals die zu starke Vorwölbung des großen „Umdrehers“ der Hüfte (Rollhügel), eine allgemeine Bindegewebsschwäche sowie Beinlängendifferenzen. Somit lässt ein Beckenhochstand auf der betroffenen Seite mit Anspreizstellung der Hüfte den Rollhügel stärker vorspringen und unterhält nicht selten das „Schnellen“. Denn das Gelenk selbst wird mit kräftigen Muskeln bewegt (bei jedem Schritt wird das gesamte Beingewicht gehoben) und muss als Kugelgelenk Bewegungsmöglichkeiten in alle Richtungen haben. Werden aber Muskeln und Sehnen überbeansprucht, so ruft diese Reibung unter Druck eine Entzündung der Schleimbeutel mit Schmerzen hervor. Diese können auch nach anstrengenden Wanderungen oder auf Reisen beginnen, bei denen Sie kilometerweit spazieren. Aber genauso kann das Leiden manchmal auch spontan, ohne bewusste Belastung akut werden.
Die Diagnostik umfasst eine detaillierte Abklärung durch den Arzt. Auf eine Beinlängendifferenz sowie Analyse der muskulären Situation sollte geachtet werden. Eine sonografische Untersuchung lässt entzündliche Veränderungen im Sinne einer Schleimbeutelreizung oder Knochenhautentzündung erkennen oder ausschließen.
Die Therapie umfasst gymnastische Übungen zum Trainieren und Koordinieren der Hüft- und Rückenmuskulatur bezüglich der Beckenstatik zur Verbesserung des Gangbildes. Beinlängendifferenzen sollten mittels einer Einlage, eines Fersenkeiles oder einer Schuhzurichtung ausgeglichen werden.
Bei schmerzhaften Entzündungen des „Muskelfaserzuges“ können Infiltrationen mit Lokalanästhetika, evtl. mit Kortisonzusatz bei manifester Entzündung, durchgeführt werden. Diese Behandlung kann ergänzt werden durch physikalische Anwendungen wie Elektrotherapie in Form von galvanischen Strömen (Iontophorese). Als schmerzlindernd gilt auch für den Reizzustand die gezielte Kühlung, nicht nur mit dem Eispack, sondern auch mit der guten alten Quarkpackung.
Sollten bei erheblichen therapieresistenten Beschwerden durch die klassische Schulmedizin keine Verbesserung erzielt werden, so bietet die gezielte fokussierte Stoßwellentherapie als modernes Behandlungsverfahren im Sinne einer Selbstheilung sehr gute Erfolgsergebnisse. Die Stoßwelle versucht durch die Übertragung einer hohen Energie in das erkrankte Gewebe einen Reparationsvorgang einzuleiten. Nur in den seltensten Fällen muss an eine Operation gedacht werden. Damit hat das Krankheitsbild insgesamt eine gute Prognose.
Der Hüftschmerz sollte unbedingt durch den Facharzt abgeklärt werden. Nur er kann andere Erkrankungsmöglichkeiten, die sich hinter den Symptomen verbergen, ausschließen, mit dem Patienten das Problem besprechen und ihn einer adäquaten Therapie zuführen.
Autor: Dr. med. Paul Dann, Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, Privatpraxis Orthopädie Düsseldorf, Hohenzollernstraße 5, 40211 Düsseldorf, Telefon: 0211-1691000
13.07.2020
Artikel Teilen